Auf der DGG-Tagung 2017 werden wir, einer modernen Tradition folgend, Schwerpunktthemen haben, welche die geophysikalischen Forschungsaktivitäten am Standort Potsdam widerspiegeln. Zu jedem Thema passend, haben wir prominente Persönlichkeiten eingeladen, einen Plenarvortrag zu halten.
Unser Verständnis der inneren Erde und ihrer geophysikalischen Prozesse wurde häufig durch die Entwicklung neuer Methoden und Sensoren vorangetrieben. So haben die Entwicklungen in der marinen Geophysik ganz entscheidend zur Formulierung der Plattentektonik beigetragen. Die Einführung der modernen Breitbandseismologie stellte eine Revolution in unseren Möglichkeiten dar, die dreidimensionale Struktur im Erdinneren aufzulösen und die Komplexität der Bruchprozesse von großen Erdbeben zu beobachten. Die Entwicklung der seismischen Interferometrie ermöglicht es uns, kleinste Änderungen der elastischen Eigenschaften der Erde zu vermessen und neue Beobachtungsgeometrien zu realisieren. Insbesondere im letzten Jahrzehnt haben die Entwicklungen in der Mikroelektronik eine Miniaturisierung der Sensorik vorangetrieben, die ganz neue Beobachtungskonzepte erlaubt. Neue methodische Ansätze wurden auch in anderen Feldern entwickelt, zum Beispiel im Bereich Machine-Learning in der Mathematik und Informatik, wobei das Potenzial dieser Innovationen bisher in der Geophysik nur teilweise erkannt oder genutzt wir
Daher soll das erste Schwerpunktthema Beiträge zu neuen instrumentellen und methodischen Entwicklungen aus allen Gebieten der Geophysik zusammenbringen, aber es sind insbesondere auch Beiträge zu geophysikalischen Anwendungen von Methoden und Technologien erwünscht, die ursprünglich in anderen Feldern entwickelt wurden. Die Präsentationen sollen Diskussionen und Austausch zwischen Entwicklern und Anwendern fördern und die Planung von methodisch innovativen Feldmessungen anregen.
Plenarvortrag: Heidrun Kopp, GEOMAR, Helmholtzzentrum für Ozeanforschung Kiel:
Seafloor geodesy: Monitoring offshore crustal deformation at mm-scales
Sowohl die Anzahl der Gefährdungsereignisse, die durch geologische, hydrologische und meteorologische Extreme hervorgerufen wurden, als auch die Schwere ihrer Auswirkungen sind in den letzten Jahrzehnten dramatisch gestiegen. Die rasche Abfolge oder das gleichzeitige Auftreten solcher Ereignisse belastet die Bevölkerung durch signifikante Schäden. Die wissenschaftliche Gemeinschaft hat darauf mit einer Reihe von Denkansätzen reagiert, die darauf abzielen, die individuellen Gefährdungen und ihre Entstehung zu beobachten, deren Ursachen und Ausbreitung zu modellieren und deren Entwicklung zu prognostizieren. Die Methoden reichen von Feldeinsätzen bis zur Fernerkundung, von Bohrloch- und Bodenstationen bis zu unbemannten fliegenden Plattformen (UAV) und anderen raumbasierten Verfahren und werden genutzt für die Einschätzung und das Verständnis natürlicher Gefährdungen und ihrer Konsequenzen. Dieses Schwerpunktthema lädt zu Beiträgen ein, die Fortschritte in unserem Verständnis der natürlichen Gefährdung auf der Grundlage von neuen Daten, Methoden und Modellen diskutieren, offene Fragen definieren und Visionen über zukünftige Beobachtungsstrategien aufzeigen. Die Themenbereiche umfassen Erdbebengefährdung, Gefährdung durch Vulkane oder Erdrutsche, und andere von der festen Erde ausgehende Naturgefahren, ob natürlich oder menschengemacht, wie zum Beispiel in der induzierten Seismizität. Beiträge zur Verbesserung und Demonstration von allgemeinen Analysetechniken und ihrer Anwendung auf Modelle und deren Unsicherheiten sind ebenfalls willkommen. Sie gehören von Natur aus zu dieser Thematik, da wir das zukünftige Auftreten von seltenen komplexen Phänomenen betrachten, worüber wir nur wenig wissen und Daten fehlen.
Beiträge, die sich mit extremen Ereignissen und der Evaluierung und Kommunikation der Unsicherheit von Gefährdung und Risiko beschäftigen, sind ebenfalls erwünscht.
Plenarvortrag: Warner Marzocchi, INGV Instititio Nazionale di Geofisica e Vulcanologie, Rom, Italien:
Forecasting seismic and volcanic hazards: scientific challenges and practical implications
Geophysikalische Methoden werden vermehrt zur Erkundung des oberflächennahen Untergrundes (Tiefen im Zehnermeterbereich) eingesetzt. Dieser Bereich beherbergt den Großteil unserer Infrastruktur und Ressourcen wie Wasser und mineralische Rohstoffe, dient aber gleichzeitig auch als Abfalldepot und ist besonders empfänglich für anthropogene Modifikationen. Daneben ergeben sich aus Disziplinen wie der Archäologie, Geologie, Hydrologie und Bodenkunde eine Reihe wissenschaftlicher Fragestellungen. Insgesamt resultieren daraus diverse Anwendungen, in denen die Geophysik zur Strukturabbildung, zur Abschätzung wichtiger Materialeigenschaften und zur Beobachtung der interessierenden Prozesse eingesetzt wird. In diesem Schwerpunkt sind Fallstudien aus allen Anwendungsbereichen eingeladen, die den Stand der Technik, das Potenzial aber auch die Limitationen der Geophysik aufzeigen. Auch sind methodische Beiträge willkommen, die innovative Ansätze der Datenakquisition, Analyse und Interpretation präsentieren, was die Vorstellung neuer Instrumente, Modellierungs- und Inversionsansätze mit einschließt.
Plenarvortrag: Stéphane Garambois, Université Grenoble, Frankreich:
Potential and limits of seismo-electromagnetic wave conversion for geophysical imaging
Unsere Erde ist ein stark gekoppeltes System, so dass die Erforschung der verschiedenen Bereiche (Erdkern und -mantel, Lithosphäre, Hydro- und Atmosphäre) grundlegend für unser Verständnis ihrer Wechselwirkungen ist. Durch neue Möglichkeiten in der globalen Vermessung verschiedener geophysikalischer Parameter mittels Bodenstationsnetzwerken oder Satellitenmissionen ist dieses Feld der Analyse in den Fokus der Geoforschung gerückt. Neue Datenquellen haben die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit von regionaler und globaler physikalischer und empirischer Modellierung, aber auch der Datenassimilation deutlich verbessert.
Beiträge von Arbeiten aus der Modellierung oder Datenanalyse auf mittleren und großen Skalen in einem der Bereiche oder deren Wechselwirkung sind besonders willkommen.
Plenarvortrag: Paul Tackley, ETH Zürich, Schweiz:
Modelling the coupled long-term evolution of Earth's mantle-lithosphere-core system
AG Archäogeophysik
BL Bohrlochgeophysik
DL Didaktik/ Lehre
EM Elektromagnetik/ Georadar
EP Extraterrestrische Physik
GF Geodäsie/ Fernerkundung
GD Geodynamik
GE Geoelektrik/IP
GO Geophysik in der Öffentlichkeit
GT Geothermie/Radiometrie
GS Geschichte der Geophysik
GP Glaziologie/Permafrost
GR Gravimetrie
MA Magnetik/Erdmagnetismus
MG Marine Geophysik
SM Seismik
SO Seismologie
UI Umwelt- und Ingenieurgeophysik
VU Vulkanologie
Ausführliche Informationen zur Tagung finden sie in komprimierter Form im 1. Zirkular.